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Technik - Schaltung

Primärantrieb [Sekundärantrieb]

Verschiedene Fahrstile erfordern verschiedene Übersetzungen, logisch. Eines ist aber klar: Die Schaltung eines Tandems muss einiges aushalten können. Die Kräfte und Drehmomente, die auftreten können, sind extrem hoch.

Nabenschaltungen

 Bild 1: Nabenschaltung Rohloff Speedhub (Foto: H.-C. Timm)

Die einzige Nabenschaltung, die wirklich zum Tandembetrieb taugt, ist die Rohloff Speedhub (Bild 1), alle anderen Schaltungsnaben sind für Tandems unterdimensioniert. Die bei den üblichen Schaltungsnaben vorhandene Rücktrittbremse sollte man auf gar keinen Fall als Primärbremse am Tandem benutzen, weil sich beide Fahrer zum Bremsen erst koordinieren müssten, abgesehen davon, dass ein Tandem so eine Bremse locker überhitzt und zerstört! Die 14-Gang-Nabe von Rohloff ist aber eine echte Alternative zu den Kettenschaltungen, weil sie sehr stabil ist (es gibt eine offizielle Tandem-Version) und einen sehr großen Übersetzungsbereich hat (hier ist ein erster Erfahrungsbericht und eine Abhandlung des Herstellers zum Thema Wirkungsgrad). Einzig der Preis ist hoch, nämlich ca. 800,- Euro. Es gibt sie nur für 32 Speichen, weshalb man sie mit einer sehr stabilen Felge kombinieren sollte. Dafür sind aber die Speichen links und rechts symmetrisch und die Nabe hat einen großen Flanschdurchmesser. Beides entlastet die Speichen. Allerdings muss dafür gesorgt werden, dass die Speichen nicht am Nippel geknickt werden. Deshalb muss auch eine niedrige Kreuzungszahl eingehalten werden.

Vorteile der Rohloff-Schaltnabe: Synchronkette kann auf der rechten Seite verlaufen, so dass man keinen speziellen Tandem-Kurbelsatz braucht; Hinterrad kann schon bei 135 mm Klemmweite symmetrisch eingespeicht werden; 14 äquidistante Gänge; verträgt sehr hohes Drehmoment.

Nachteile: Geringfügig höheres Gewicht; geringfügig verringerter Wirkungsgrad im Vergleich zu Kettenschaltung; hoher Preis.

Kettenschaltungen

Bei Kettenschaltungen hat man die Qual der Wahl. Man sollte nicht ohne technischen Grund zu kleine Kettenblätter und Ritzel verwenden, wie sie im MTB-Bereich seit einiger Zeit üblich sind, also Kettenblätter 22/32/42 oder so. Die halten zwar kurzzeitigen Belastungen stand, verschleißen aber gerade am Tandem relativ schnell, weil die Kettenkräfte umso größer sind, je kleiner das Kettenblatt ist. Im Gelände bieten kleine Kettenblätter allerdings mehr Bodenfreiheit. Auf der Straße ist das kein Problem, und es ist besser, zwei möglichst große Kettenblätter zu fahren plus einen kleinen Kranz für steile Stellen. Üblich ist z.B. 30/42/52 oder 28/44/54. Ist aber eine Frage des Fahrstils und des zu bewältigenden Geländes.

 Bild 2: Kettenschaltung, Kettenblätter 32/44/54, Ritzel 12-32

Besonders an einem Tandem, das für Reisen eingesetzt wird, braucht man einen möglichst weiten Übersetzungsbereich, kann kaum groß genug sein. Bergauf ist man genauso langsam wie alle anderen, aber schon bei leichtem Gefälle wird man recht schnell. Für die Lochkreisdurchmesser 110 mm ("alter" MTB-Standard) und 130 mm (Shimano Rennrad) gibt es Kettenblätter bis 60 Zähne. Für die ganz schnellen sind also Kombinationen wie 32/46/60 möglich. Auch sehr große Sprünge von um die 20 Zähne zwischen kleinem und mittlerem Kettenblatt lassen sich noch schalten, auch wenn die Hersteller das Gegenteil behaupten. Und wenn das immer noch nicht reicht, muss man ein Tandem von daVinci kaufen, die haben eine Zwischenübersetzung und vier Kettenblätter. Im Gelände wird man kleinere Übersetzungen bevorzugen, wie z.B. 24/34/46. In Kombination mit einem Ritzelpakt, das bis 11 Zähne runtergeht, sind trotzdem relativ lange Gänge möglich.

SystemLochkreis-
durchmesser
LochabstandKettenblätter
von bis (ca.)
5-Arm
Campagnolo (alt)144 mm85 mm41 bis 54 Zähne
Campagnolo (neu)135 mm79 mm39 bis 56 Zähne
Shimano Renn130 mm76 mm38 bis 60 Zähne
Stronglight (SUP)122 mm72 mm36 Zähne
MTB Standard110 mm65 mm34 bis 60 Zähne
Suntour compact95 mm56 mm32 Zähne
Shimano compact94 mm55 mm32 bis 48 Zähne
Stronglight (alle Blätter)86 mm50 mm28 bis 54 Zähne
Sugino86 mm50 mm28 Zähne
Shimano Renn/MTB alt kleines Blatt74 mm43 mm24 bis 36 Zähne
Shimano compact58 mm34 mm20 Zähne
Suntour compact56 mm33 mm20 Zähne
4-Arm
Shimano XTR112 mm mm34 Zähne
Shimano MTB104 mm mm32 Zähne
Shimano XTR68 mm mm22 Zähne
Shimano MTB64 mm mm20 Zähne

Unser Übersetzungsrechner - das Ritzelprogramm

Ein paar Kettenblätter und Ritzel...

 

Sekundärantrieb [Primärantrieb]

 Bild 3: Synchronkette auf der linken bzw. der rechten Seite

Die Synchronkette ist diejenige, die die beiden Tretlager miteinander verbindet (Bild 3). Synchron deswegen, weil sie normalerweise über zwei Kettenblätter mit identischen Zähnezahlen läuft, so dass beide Fahrer gleich schnell treten und die Stellung der beiden Kurbelsätze zueinander gleich bleibt.

Einfluss der Phasenlage zwischen Captain und Stoker auf das Antriebsmoment

Die Synchronkette ist meistens links montiert, wo sie unabhängig vom Hauptantrieb montiert werden kann. Es gibt eine ganze Reihe Hersteller, die dafür tandemspezifische Kurbelsätze herstellen, also solche mit zwei Kurbelsternen mit Linksgewinden für die Synchronkette. Seltener ist die Führung rechts. Die Synchronkette muss gerade so stark gespannt sein, dass sie nicht während der Fahrt herunterfällt. Dies kann im einfachsten Fall über einen Kettenspanner geschehen, der wie ein Schaltwerk funktioniert, nur dass er nicht seitlich verschiebbar ist. Diese Lösung findet man noch an manchen billigen Tandems.

Besser, weil verlustärmer, ist das Nachspannen über ein verstellbares vorderes Tretlager, einen sogenannten Exzenter. Dazu muss der Rahmen so gefertigt sein, dass der Exzenter mit einer neuen Kette gerade am hinteren Anschlag steht. Wenn sich die Kette mit der Zeit längt, wird der Exzenter immer weiter nach vorn gedreht. Dabei kann man das Tretlager durch den oberen oder durch den unteren Bogen des Exzenters führen und so die Tretlagerhöhe etwas variieren.

Mancher Hersteller achtet nicht so genau auf den Abstand zwischen den beiden Tretlagern, so dass der Exzenter schon am Anfang recht weit vorn steht und der Einstellbereich recht schnell nicht ausreicht. Wenn der Exzenter einen ausreichend großen Verstellbereich hat, kann man dann zwei Kettenglieder entfernen und am kurzen Ende des Einstellbereichs wieder anfangen. Leider klappt das oft nicht. In solchen Fällen kann man die Synchron-Kettenblätter austauschen gegen welche, die einen Zahn mehr haben. Dadurch ändert sich der Abstand zwischen den beiden Tretlagern um einen halben Zahn, also ca. 6 mm, was den Exzenter wieder in einen günstigen Bereich bringt. Man kann auch kleinere Blätter nehmen und entsprechend Kettenglieder entfernen. Wichtig ist nur, dass man entweder von geradzahligen Kettenblättern auf ungeradzahlige oder umgekehrt wechselt. Ungeradzahlige Kettenblätter in mittleren Größen gibt es leider nur sehr wenige. Für den 130er Lochkreis sind immerhin 38 und 39 Zähne gängige Größen. Für den 110er Lochkreis liefert vermutlich nur die französische Firma TA Kettenblätter von 33 Zähnen aufwärts in 1er-Schritten (die übrigens wunderschön anodisiert sind, s. hier). Bei Vierarm-Kurbeln aus den MTB-Gruppen wirds schwierig.

Es gibt verschiedene Exzenter-Konstruktionen. Im Folgenden soll nur auf diejenige mit Keilbefestigung genauer eingegangen werden.

 Bild 4: Vorderes Tretlager: Exzenter mit Keil (links und Mitte) bzw. Klemmschrauben (rechts).

Bei Cannondale-Tandems und bei einigen anderen Marken ist das vordere Tretlager in einer starren Hülse gelagert. Das eigentliche Tretlager ist in einen zylindrischen Alu-Block geschraubt, der in der äußeren Hülse gedreht werden kann. Der Alu-Block wird fixiert, indem mit Hilfe einer 4 mm-Inbusschraube ein Keil angezogen wird (s. Bild 4). Das Anzugsmoment beträgt laut Cannondale-Handbuch 6.75 Nm, das sind immerhin gut 8.5 kg auf einem 8 cm langen Inbusschlüssel. Vermutlich wurde die Schraube so klein dimensioniert, damit keiner auf die Idee kommt, den Keil brutal festzuziehen, so dass er für immer festklemmt. Zum Lösen des Keils gibt es zwei Verfahren:

  1. Die Schraube wird ein paar Umdrehungen gelöst. Dann wird mit einem Hammer oder einem flachen Gegenstand vorsichtig gerade so stark auf die Schraube geschlagen, dass sich der Keil löst. Diese Methode wird auch von Cannondale vorgeschlagen.

  2. Man muss aber nicht mit dem Hammer an sein geliebtes Tandem herangehen. Man kann die Schraube ganz herausdrehen und von der anderen Seite einschrauben, jetzt aber mit einem Stapel Unterlegscheiben unter dem Schraubenkopf, die Richtung Gewinde größer werden, so dass die letzte Scheibe den Keil komplett überspannt, also auf der Tretlagerhülse und auf dem großen Alublock aufsetzt. Zieht man die Schraube nun an, so kommt einem der Keil mit einem leisen "knack" entgegen. Da die relativ lange Schraube von dieser Seite direkt ins Gewinde geschraubt wird, benötig man entweder sehr viele Unterlegscheiben oder ein Röhrchen oder eine kurze Schraube gleichen Gewindes. Man kann diese Schraube mitsamt den Unterlegscheiben auf Reisen im Werkzeug mitführen. Diese Methode müsste bei allen Keil-Exzentern funktionieren, bei denen die Bohrung durch den Keil durchgeht und der Keil nicht zu weit übersteht.

    Herausziehen des Exzenterkeils von der linken Seite (linkes Bild) und Aufbewahrung der Teile (rechts)

Weitere Literatur


© D. Bettge; 21.3.2000, letzte Änderung: 26.1.2005